POP59 – Exit Music
The Jessica Fletchers – You Spider
von Philipp Gautschi am Donnerstag, 24. April 2008 in Neuerscheinungen
Genre: Retrorock, Schnöselrock
Label: Aurora Music
CH-Vertrieb: Lautstark
Unsere Wertung:
Achtung, (die) Spinnen!
Die norwegische Spasstruppe The Jessica Fletchers bleiben auf ihrem dritten Album ihrer hippiesken Partymucke treu. Ach, ist das Leben schön.
Am 10. April dieses Jahres trafen sich im Kulturwerk 118 in Sursee knappe 30 Nasen mit dem gemeinsamen Ziel, die Jessica Fletchers live spielen zu sehen. Und es hat sich schwer gelohnt, wann bekommt man schon ein (beinahe) Privatkonzert von der wohl spassigsten Band Norwegens präsentiert? Jedenfalls rockten sie, als ob die Halle überquellen würde, und dank einem kurzen Gespräch mit Gitarrist Rune Somdal nach dem Konzert erfuhr ich, dass sie schon vor massiv weniger Publikum gespielt haben. Nicht die Masse, sondern der Spass an der Musik stehe im Vordergrund. Sympathische Einstellung.
Und somit komme ich zur neuen Platte der Hüpfdohlen namens ’You Spider’. Wer die Vorgängeralben kennt, weiss, dass es die Jessica Fletchers wie kaum eine Band fertig bringen, die locker-lebensbejahende Atmosphäre, welche Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre herrschte, in der heutigen postindustriellen Konsum- und Egoistengesellschaft aufleben zu lassen. Genauso locker wie schon ’What Happened To The?’ und ’Less Sophistication’ schwirrt und zappelt das neue Werk aus den Boxen. Genügend Lalala, saftige Hammondorgeln, hüpfende Gitarren und Melodien, die sich im Gehörgang festkleben. Wer sich da nicht zum kräftigen Mitwippen oder gar zum ausrastenden Tanz aufgefordert fühlt, hat weder Sinn für Rhythmus noch Ahnung von Party. Obwohl ich normalerweise düster-schwarz-depressive Musik bevorzuge, muss ich ’You Spider’ die (fast) volle Punktzahl geben. Die einmalige Fröhlichkeit der Songs, die eingängigen, süffigen Melodien, die Flower-Power-Atmosphäre, die treibenden Beats und vor allem die Orgel stecken an wie Masern. Obwohl im Vergleich zu den Vorgängern nicht alle Stücke völlig überzeugen und teilweise leicht in Richtung Pop bzw. ’kenn’ ich schon’ driften, lupfen Knaller wie ’Is That You?’ die Wertung deftig in die Höhe. Das Stück wechselt stetig zwischen relativ langsamer, jedoch eingängiger Strophe mit penetranter Orgel und zappeligem Refrain. Dieser geht dermassen in die Knie, dass man unmöglich genug davon bekommen kann. Ich komme schliesslich zum Fazit: diese Musik macht tatsächlich glücklich.
Also: bei schlechter Laune oder lahmen Feten bitte die Jessica Fletchers in die Anlage und ich garantiere eine Stimmungsbesserung.